Weißbuch Lunge

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Neues aus der Lungenheilkunde (Pneumologie)

Als Weißbuch bezeichnet man allgemein die Zusammenstellung von Dokumenten eines Themengebietes, auf deren Grundlage Vorschläge für ein bestimmtes Vorgehen gemacht werden. In der Medizin liefern Weißbücher zu bestimmten Erkrankungen eine Übersicht über Krankheitszahlen und aktuelle Entwicklungen und zeigen Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Versorgung auf. Vor einigen Wochen ist das neue „Weißbuch Lunge” erschienen. Die Autoren machen darin die Bedeutung und Relevanz von Erkrankungen der Atmungsorgane deutlich und wollen der Politik sowie dem Gesundheits- und Versicherungswesen eine Entscheidungshilfe an die Hand geben.

Es sind alarmierende Zahlen, mit denen das Weißbuch Lunge die Leser konfrontiert: Alle vier Minuten stirbt in Deutschland ein Mensch an den Folgen einer Lungen- oder Atemwegserkrankung. Das Auftreten von Asthma hat in den vergangenen Jahren um 17 Prozent zugenommen, das von chronisch- obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) um 8 Prozent, von Lungenkrebs um 33 Prozent und von Lungenembolien um 71 Prozent. Das sogenannte Schlafapnoe-Syndrom, also verminderte Atmung oder Atemstillstände während des Schlafs, verzeichnet sogar einen Anstieg von 92 Prozent.

Auf relativ gleichbleibendem Niveau sind im Untersuchungszeitraum indes die Fälle von Mukoviszidose und Lungenentzündung. Bei der Tuberkulose wurde eine Abnahme um sechs Prozent festgestellt.

Datenquellen liefern verlässliche Erkrankungszahlen

In die umfassende Analyse des Weißbuchs Lunge wurden Daten der Dekade von 2010 bis 2019 einbezogen, die anonymisiert von der BARMER Ersatzkasse zur Verfügung gestellt wurden. Diese Datensätze liefern verlässliche Zahlen darüber, wie häufig die wichtigsten Erkrankungen von Atmungsorganen in Deutschland auftreten, wie sich deren Verbreitung entwickelt und welche Altersgruppen besonders betroffen sind. Speziell für die Tuberkulose konnte auf Daten des Robert Koch-Instituts zurückgegriffen werden.

„Erstmals war es uns möglich, eine deutschlandweite, homogene Datenbasis von insgesamt 8,8 Millionen Versicherten für unsere epidemiologischen Analysen zu verwenden. Dies erlaubt uns eine sehr verlässliche und transparente Hochrechnung – mit der jetzt auch die Politik im Zuge der aktuellen Krankenhausreform verlässlich arbeiten kann“, erklärt Professor Winfried J. Randerath, einer der drei Autoren des Weißbuchs. Er ist Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) sowie Chefarzt und ärztlicher Direktor des Krankenhauses Bethanien in Solingen und Direktor des wissenschaftlichen Instituts für Pneumologie an der Universität zu Köln.

Das Weißbuch Lunge erscheint seit 1996, zuletzt 2014. „Die Qualität der Daten für die vollständig überarbeitete Auflage des Weißbuches Lunge hat sich gegenüber der Version von 2014 signifikant verbessert, weil noch mehr und detailliertere Datenquellen verwendet werden konnten. Und diese heterogenere Datenbasis belegt eindeutig, dass die meisten Lungenerkrankungen häufiger auftreten“, ergänzt Randerath.

Herausforderung für die Gesundheitsversorgung

Erkrankungen der Lunge verursachen in einem hohen Maße Einschränkungen der Lebenserwartung und der Lebensqualität und haben eine erhebliche sozioökonomische Bedeutung für das deutsche Gesundheitswesen. Die hohen Krankheitszahlen stellen nicht nur die Pneumologie vor enorme Herausforderungen, sondern auch das gesamte Gesundheits- und Versicherungswesen. „Diese transparenten Zahlen gab es in dieser Form und diesem Umfang noch nicht. Sie erlauben zum Beispiel auch eine bessere Kostenabschätzung für den stationären Sektor. Und sie zeigen vor allem, dass es für die adäquate Behandlung von Atemwegs- und Lungenerkrankungen noch viel mehr Finanzierung braucht“, sagt Mitautor Professor Adrian Gillissen, Chefarzt der Medizinischen Klinik III an den Kreiskliniken Reutlingen.

Guter Ausgangspunkt für nächstes Weißbuch mit Pandemie-Auswirkungen

Um diesen neuen, großen Herausforderungen zu begegnen, ist auch eine exzellente Forschung wichtig. In einem separaten Kapitel widmet sich das Weißbuch Lunge explizit der pneumologischen Forschung, die sich in den vergangenen Jahren erfolgreich weiterentwickelt hat. Mit Blick in die Zukunft sagt Mitautor Professor Berthold Jany: „An diesem Weißbuch haben wir zusammen mit unseren Kooperationspartnern über vier Jahre lang gearbeitet, auch über die gesamte Coronazeit hinweg. Die Datenbasis für diese Auflage haben wir bewusst mit dem Jahr 2019 beendet, denn mit dem Start der SARS-CoV-2-Pandemie im Frühjahr 2020 ergeben sich sehr wahrscheinlich noch einmal neue Entwicklungstendenzen, die den aktuellen Trend verstärken könnten. Die tatsächlichen Auswirkungen auf die stationäre und ambulante Versorgung werden wir erst vollständig im nächsten Weißbuch behandeln können. Die jetzt vorliegenden Zahlen bieten dafür einen zuverlässigen Ausgangspunkt“, so Jany, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin.

Informationen – nicht nur für Fachleute

Im Weißbuch Lunge geht es jedoch nicht ausschließlich um Zahlen. Zu den häufigsten Lungenerkrankungen in Deutschland (Asthma, Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Pneumonie – Lungenentzündung, Tuberkulose, Sarkoidose, Lungenfibrose – Interstitielle Lungenerkrankungen, Lungenhochdruck, Lungenembolie, Respiratorische Insuffizienz, Lungenkrebs, Malignes Pleuramesotheliom, Mukoviszidose – Zystische Fibrose, CF, Schlafapnoe-Syndrom) gibt es jeweils ein eigenes Kapitel. Darin sind nicht nur die aktuellen Daten und Eckpunkte zusammengefasst, sondern es werden in verständlicher Sprache die medizinischen Hintergründe, angefangen von den Symptomen über die notwendige Diagnostik bis hin zur Therapie, erklärt.

Titel Weißbuch Lunge 2023Weitere Informationen und die Möglichkeit zum Download der PDF-Datei finden Sie online unter: https://pneumologie.de/publikationen/in-haus-publikationen

Das Weißbuch Lunge wird gemeinsam von der Deutschen Lungenstiftung (DLS) und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) herausgegeben.

Autoren: Professor Adrian Gillissen (Kreiskliniken Reutlingen), Professor Berthold Jany (i. R., vormals Klinikum Würzburg-Mitte) und Professor Winfried J. Randerath (Krankenhaus Bethanien, Solingen)

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