Aufklärung und Impfung von Teenagern

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Humane Papillomviren mit hohem Risiko

Die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV), die Gebärmutterhals- oder Analkrebs und Kopf-Hals-Tumoren verursachen, gibt es seit mehr als 15 Jahren. Sie ist wirksam, verträglich und für Mädchen und Jungen von 9 bis 14 Jahren empfohlen. Die Impfquote ist hierzulande jedoch zu niedrig. Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) ruft dazu auf, das HPV-Impfangebot stärker bekanntzumachen. Auch Besuche bei der Hautärztin oder dem Hautarzt können genutzt werden, um sich gegen HPV impfen zu lassen.

Die Venerologie, das ist die Lehre von den sexuell übertragbaren Erkrankungen, ist ein Teilgebiet der Dermatologie. Zu den häufigsten sexuell übertragenen Infektionen gehören Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV). Ein großer Teil dieser Erkrankungen ist vorübergehend und ungefährlich. Die Folge sind „nur“ gutartige Warzen im Anal- und Genitalbereich. Doch es gibt auch sogenannte Hochrisiko- HPV-Typen. Dazu gehören HPV16 und HPV18. Diese Viren führen zu Krebsvorstufen. Im Fall einer Infektion können sich dann aus den Genitalwarzen nach einigen Jahren invasive Karzinome bilden. Gebärmutterhals- oder Analkrebs werden fast komplett durch solche HPV verursacht, aber auch Vaginal-, Peniskarzinome und Karzinome der Mund-, Rachenund Nasenschleimhaut stehen zu einem nicht unbeträchtlichen Teil mit HPV im Zusammenhang. In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 4 400 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, 1 600 sterben daran. Die Zahl der Patientinnen und Patienten mit Analkrebs liegt bei jährlich etwa 2 500.

„Als im Jahr 2006 der erste Impfstoff gegen HPV in Europa zugelassen wurde, waren die Erwartungen groß“, sagt Professor Dr. med. Peter Elsner. Er ist Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG). Eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) erfolgte bereits 2007, betraf aber zunächst nur Mädchen. Seit 2018 wird die Impfung auch für Jungen empfohlen und von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Doch nach wie vor nutzen zu wenige Jugendliche die Chance, sich zu schützen. Eine vollständige HPV-Impfserie hatten 2019 nur 47,2 Prozent der 15-jährigen und 52 Prozent der 18-jährigen Mädchen. Aufgrund der recht spät erfolgten Empfehlungserweiterung sind die Zahlen bei Jungen deutlich niedriger: In jeder Altersstufe der 9- bis 18-jährigen Jungen haben nicht mehr als 6 Prozent die HPV-Impfung abgeschlossen. „Um das Ziel der Weltgesundheitsorganisation zu erreichen, Gebärmutterhalskrebs zu eliminieren, ist das zu wenig. Die HPV-Impfquote muss dafür bei 90 Prozent liegen“, so Elsner.

Privatdozent Dr. med. Markus Reinholz, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der LMU München, hat zusammen mit einer Gruppe von Dermatologinnen und Dermatologen von September 2018 bis Februar 2019 eine Querschnittsstudie durchgeführt, an der mehr als 3 800 Schülerinnen und Schüler teilnahmen. Ziel der Studie war es, das Bewusstsein und den Wissensstand junger Menschen hinsichtlich sexuell übertragbarer Erkrankungen (auch sexually transmitted infections [STI] genannt) und besonders hinsichtlich HPV zu ermitteln. Dazu füllten die Teilnehmenden Fragebogen aus. Die Ergebnisse der Studie sind ernüchternd. „Neue Impfungen zu implementieren, dauert häufig etwas. Uns überraschte allerdings, wie wenig junge Menschen in Bezug auf HPV als Ursache für gravierende sexuell übertragbare Erkrankungen und über die Schutzimpfung wissen“, erklärt Reinholz. Zwischen 18 und 28 Prozent der Befragten kennen überhaupt HPV, noch etwas weniger haben von Genitalwarzen gehört. „Wir haben große Informationslücken aufgedeckt. Eine intensive und langfristige Aufklärungsarbeit ist nötig“, so Reinholz. Die Studienautorinnen und -autoren fordern mehr Informationen im Schulunterricht (idealerweise bei 12- bis 14-Jährigen), bei Arztbesuchen und durch gezielte Aufklärungskampagnen.

Mögliche Strategien zur Erhöhung der Impfquoten haben bereits Expertinnen und Experten in der S3- Leitlinie „Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien“ (2020) thematisiert. Zu den Vorschlägen und Empfehlungen gehören u. a. strukturierte Impfprogramme in den Schulen, mehrsprachige Informationsangebote sowie Unterrichtseinheiten zur HPVImpfung, zu HPV-assoziierten Erkrankungen und zu sicherem Geschlechtsverkehr allgemein.

Gezielte Aufklärung sollte auch vonseiten der Hautärztinnen und Hautärzte erfolgen, empfiehlt Elsner. Sie sollten das Thema der sexuell übertragbaren Erkrankungen bei ihren jungen Patientinnen und Patienten oder aber bei Eltern aktiv ansprechen und eine HPV-Impfung anbieten.

Quelle: Deutsche Dermatologische Gesellschaft, https://derma.de

Hintergrundinformationen:
Rummel M, Clanner-Engelshofen BM, Nellessen T, Zippel S, Schuster B, French LE, Reinholz M: Kenntnisse bayerischer Schüler zu sexuell übertragbaren Infektionen: eine Querschnittsstudie. J Dtsch Dermatol Ges 2022; 20(2): 169–76. https://doi.org/10.1111/ddg.14653_g

S3-Leitlinie „Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien“ (Langfassung), AWMF-Register-Nr.: 082-002, 2020.

6 Fakten zu HPV und HPV-Impfung:
  • Das humane Papillomvirus (HPV) wird sexuell übertragen und hat karzinogene Auswirkungen, darunter auch Gebärmutterhals- oder Analkrebs.
  • Ziel der HPV-Impfung ist die Reduktion der Krankheitslast durch HPV-assoziierte Tumoren.
  • Die HPV-Impfung für Mädchen (im Alter von 9 bis 14 Jahren) wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut seit 2007 empfohlen. Seit 2018 empfiehlt die STIKO sie auch für Jungen in diesem Alter. Die Impfung kann in bestimmten Situationen auch später nachgeholt werden, sollte aber vor der ersten Aufnahme sexueller Kontakte erfolgen.
  • Derzeit wird keine Auffrischimpfung der Impfung empfohlen.
  • Die Wirksamkeit und die Verträglichkeit gelten als gut.
  • Impfschema: 2 Dosen im Abstand von mindestens 5 Monaten (bei kürzerem Abstand sind 3 Dosen notwendig).

Quelle: www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/HPV/HPV.html

Faktenblatt vom RKI zur HPV-Impfung: www.rki.de, Suchbegriff: Faktenblatt HPV

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