Juckreiz bei Neurodermitis

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Neue Infokampagne der DHA

Unerträgliches Hautjucken, blutig aufgekratzte Haut – für viele Patienten mit Neurodermitis gehört das zum Alltag. Die Folgen von chronischem Juckreiz auf die Hautgesundheit, den allgemeinen Gesundheitszustand und das psychische Wohlbefinden sind ganz erheblich. Neue Therapien sollen dafür sorgen, dass Juckreiz bei Neurodermitis gar nicht erst entsteht.

Haben Sie schon einmal versucht, Juckreiz zu ignorieren? Irgendetwas kribbelt auf der Haut. Vielleicht macht sich ein Mückenstich bemerkbar oder ein piekendes Wäscheetikett sorgt für die Missempfindung. Wie schnell ist man mit den Fingern dabei, um sich durch Kratzen Linderung zu verschaffen. Aber auch sonst lässt sich dieses Juckreizproblem recht einfach lösen. Gegen den Mückenstich hilft eine kühlende Creme, die die Heilung beschleunigt, das Etikett lässt sich heraustrennen. Ganz anders sieht es mit Juckreiz aus, dessen Ursache eine Erkrankung ist. Hier juckt die Haut nicht nur an einer Stelle, sondern großflächig. Kratzen ist tabu, da sonst alles noch viel schlimmer wird. Es ist leicht nachzuvollziehen, welch hoher Leidensdruck durch dauerhaften starken Juckreiz entsteht.

Warum juckt die Haut?

Juckreiz, in der medizinischen Fachsprache als Pruritus bezeichnet, ist eine Sinneswahrnehmung der Haut. Unsere Haut besitzt zahlreiche Sinneszellen und freie Nervenendigungen, die auf verschiedene Reize reagieren. Die Sinneszellen wandeln den Reiz, nachdem sie ihn empfangen haben, in Signale um. Anschließend werden diese Signale über die Nerven des Rückenmarks zum Gehirn weitergeleitet, wo sie verarbeitet werden. Auch das Juckempfinden entsteht durch eine solche Signalübermittlung. Im Gehirn wird das Jucksignal verortet und zugleich auch der Impuls zum Kratzen ausgelöst.

Die Reizung der Nervenendigungen in der Haut kann auf zweierlei Weise erfolgen: mechanisch durch äußere Einflüsse (exogen) oder biochemisch durch einen Prozess, der im Körper selbst entstanden ist (endogen). Beispiele für mechanische Reizungen, die akuten Juckreiz auslösen können, sind die krabbelnde Fliege, raue Kleidung oder eine kitzelnde Feder auf der Haut.

Deutlich komplizierter sind die Abläufe einer biochemischen Reizung, die über bestimmte Botenstoffe im Blut ausgelöst wird. Ursache hierfür können u. a. Entzündungsprozesse in der Haut sein, die z. B. durch Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Psoriasis und Urtikaria oder Insektengifte angestoßen werden. Aber auch Stoffwechselstörungen wie Diabetes, innere Erkrankungen wie Leber- und Nierenerkrankungen, manche Nervenerkrankungen sowie Nebenwirkungen bestimmter Medikamente sind mögliche Reizauslöser. Mitunter spielen auch verschiedene Faktoren zusammen, manchmal lässt sich gar keine Ursache finden.

Steckt eine chronische Erkrankung ursächlich hinter dem Juckreiz, besteht die Gefahr, dass auch der Juckreiz chronisch wird. Chronisch bedeutet in diesem Fall, dass der Juckreiz über mehr als sechs Wochen anhält.

Chronischer Juckreiz bei Neurodermitis

Neurodermitis ist eine der chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen, bei denen chronischer Juckreiz zu den Leitsymptomen gehört. Es ist eines der typischsten und zugleich ein sehr belastendes Krankheitszeichen. Patienten beschreiben einen unerträglichen Juckreiz, der sie tage- und nächtelang nicht zur Ruhe kommen lässt. Es wird alles Mögliche ausprobiert, um das Jucken zu lindern oder sich so abzulenken, dass die Wahrnehmung etwas in den Hintergrund tritt. Der Erfolg ist allerdings meist nicht von langer Dauer. Eine Therapie, die anhaltende Linderung des Juckreizes bewirkt, steht daher ganz obenan, wenn Neurodermitispatienten nach ihren Wünschen gefragt werden.

Daran sollten Sie denken, wenn Sie mit Neurodermitispatienten zu tun haben: Wer selbst nie den heftigen Juckreiz erlebt hat, kann die Qualen nur schwer nachempfinden. Schnell ist man daher mit der Ermahnung zur Stelle: „Du sollst nicht kratzen!“ Auch wenn Sie einen Betroffenen damit unterstützen wollen, hilft es ihm nicht, wenn Sie ihn ständig maßregeln. Vielmehr kann dies zu einer zusätzlichen Belastung führen, Scham auslösen und Stress erzeugen. Neurodermitispatienten kratzen, weil sie das Jucken einfach nicht mehr aushalten.

Tatsächlich werden die Möglichkeiten, Juckreiz bei Neurodermitis zu behandeln, besser. Das liegt daran, dass Wissenschaftler das Krankheitsgeschehen bei Neurodermitis immer detaillierter verstehen. Es lässt sich mittlerweile erklären, welche biochemischen Prozesse angestoßen werden, die neben der Entzündung auch Juckreiz auslösen. Das eröffnet neue Therapieansätze. Die Idee: Man muss gezielt so in diesen Prozess eingreifen, dass der Ablauf der Juckreizentstehung blockiert wird.

Therapiemöglichkeiten

Was also tun, wenn die Haut unerträglich juckt? Betroffene Patienten sollten ihren Hautarzt aufsuchen, um die Behandlungsmöglichkeiten zu besprechen. Es gibt mehrere Therapiebausteine, von denen manche grundlegend, andere je nach Schwere des Juckreizes ergänzend einsetzbar sind. Grundlegend ist das Meiden von Triggern sowie die konsequente Hautpflege. Als Trigger (englisch für Auslöser) bezeichnet man Faktoren, die Krankheitsschübe auslösen oder verstärken (s. Infokasten). Manchen Triggern wird man im Alltag jedoch nicht gänzlich aus dem Weg gehen können. Ein ganz heftiger Trigger ist Kratzen der juckenden Haut, da dadurch ein Juck-Kratz-Kreislauf ausgelöst wird. Bei aller Selbstbeherrschung ist ein Nichtkratzen bei schweren Neurodermitisschüben kaum durchzuhalten.

Ursachen für Juckreiz
  • Juckreiz durch geschädigte Haut: Neurodermitis, Nesselsucht (Urtikaria), Schuppenflechte (Psoriasis), allergisches Kontaktekzem, allergische Hautausschläge (z. B. ausgelöst durch Arzneimittel, Nahrungsmittel), Infektionserkrankungen (z. B. Windpocken, Röteln, Masern), Insektenstiche, Parasitenbefall (z. B. Flöhe, Läuse, Milben), geschädigte Haut, extrem trockene Haut
  • Juckreiz ohne erkennbare Hautveränderung: Diabetes mellitus, Nierenfunktionsstörungen, Lebererkrankungen, Nervenschädigungen, Krebserkrankungen, Durchblutungsstörungen
Trigger für Juckreiz bei Neurodermitis
  • Allergene, z. B. Nahrungsmittelallergene, Atemwegsallergene wie Pollen, Hausstaub, Tierhaare
  • Mechanische Hautreizungen, z. B. durch kratzende Kleidung sowie durch Kratzen der juckenden Haut
  • Chemische Hautreizungen, z. B. durch Schadstoffe, Chemikalien auf der Haut
  • Hautreizungen aufgrund stark trockener Haut, z. B. durch mangelnde oder falsche Pflege
  • Infektionen durch Bakterien, Pilze, Viren
  • Klimafaktoren
  • Belastungen durch Umweltschadstoffe, dazu gehört auch aktives und passives Rauchen
  • Psychische Belastungen wie Stress, Aufregung, emotionale Anspannung

Hautpflege ist die Basis jeder Neurodermitistherapie und auch ganz wesentlich im Kampf gegen Juckreiz. Patienten mit Neurodermitis neigen zu trockener und empfindlicher Haut. Das liegt daran, dass aufgrund einer genetischen Veranlagung bei ihnen die äußerste Hautschicht durchlässiger ist als bei Menschen mit gesunder Haut. Um diese Störung auszugleichen, muss die Haut, auch wenn keine sichtbaren Krankheitszeichen erkennbar sind, regelmäßig mit Fett und Feuchtigkeit versorgt werden. Sobald die Haut sich trocken anfühlt, spannt oder juckt, ist das ein Zeichen dafür, dass sie mehr Fett und Feuchtigkeit braucht. Das Eincremen trägt erheblich zur Vorbeugung, aber auch zur Linderung des Juckreizes bei.

Im Falle eines Krankheitsschubes mit heftigen Juck-Kratz-Attacken reicht Hautpflege mit Pflegeprodukten jedoch nicht aus. Dann wird der Arzt Cremes oder Salben verordnen, die juckreizlindernde und entzündungshemmende Wirkstoffe enthalten. Man bezeichnet dies als topische Therapie oder Lokaltherapie, da die Medikamente auf die zu behandelnde Haut aufgetragen werden und nur örtlich wirken. Topische Therapeutika gibt es in unterschiedlicher Wirkstärke.

Lässt sich auch damit der Juckreiz nicht ausreichend lindern, kann der Arzt Medikamente verordnen, die in Form von Tabletten eingenommen oder unter die Haut gespritzt werden. Diese Arzneimittel wirken nicht nur lokal auf das Entzündungsgeschehen der Haut, sondern gelangen über das Blut in das gesamte Körpersystem. Daher auch die Bezeichnung systemische bzw. innere Therapie. Die Wirkstoffe regulieren Reaktionen des Immunsystems, so dass der Entzündungsprozess gestoppt wird. Je gezielter die Wirkstoffe eingreifen, in diesem Fall also die Juckreizentwicklung unterbinden, desto besser. Hier versprechen neue Medikamente wie Biologika und Januskinasehemmer gute Therapieerfolge.

Weitere Informationen

Ausführliche Erklärungen und Grafiken zum Ablauf der Entzündungsreaktion und Juckreizentstehung finden Sie in unserer neuen Broschüre zur Therapie von chronischem Juckreiz und auf der Website www.dha-juckreiz.de. Dort haben wir auch die einzelnen Therapiebausteine sowie die Wirkansätze der modernen Medikamente detailliert erläutert und dargestellt. Außerdem stellen wir einige Strategien vor, mit denen Neurodermitispatienten zumindest kurzfristig ihren Juckreiz lindern.

Die Broschüre können Sie bei uns kostenfrei bestellen oder auf der Website als PDF-Datei herunterladen. Deutsche Haut- und Allergiehilfe e. V., Heilsbachstraße 32, 53123 Bonn, www.dha-juckreiz.de

Patienten mit Neurodermitis brauchen Unterstützung und Verständnis. Der chronische Juckreiz kann zu körperlichen, psychischen und sozialen Belastungen führen und hat deutliche Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen. Typische Folgen von Juckreiz sind Anspannung, Stress, Konzentrations- und Leistungsminderung, Schlafstörungen, Angstzustände, depressive Verstimmung, Hautverletzungen und -infektionen durch das Kratzen, Schmerzen sowie sozialer Rückzug.

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