Neurodermitis im Erwachsenenalter

Дмитрий Симаков - stock.adobe.com

Neurodermitis ist die häufigste chronische Hauterkrankung bei Kindern. Dass Neurodermitis auch bei Erwachsenen erstmalig auftreten kann, ist nicht allen bewusst. So kommt es, dass Betroffene ihre Symptome falsch einordnen und die Chance auf eine angemessene Therapie verpassen.

Mal angenommen, auf Ihren Armen und Beinen zeigen sich plötzlich heftig juckende, kleine Knötchen. Würden Sie da an Neurodermitis denken? Tatsächlich könnte es sich um die Prurigoform der Neurodermitis handeln, eine Variante, die insbesondere erwachsene Neurodermitispatientinnen und -patienten betrifft. Möglicherweise liegt Ihnen bei juckenden Hautekzemen der Verdacht auf Neurodermitis auch fern, weil Sie die Erkrankung vornehmlich mit Kindern in Zusammenhang bringen. Dem ist jedoch nicht so. Auch viele Erwachsene leiden daran. Man geht davon aus, dass etwa 3,5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland betroffen sind, also allein in unserem Land rund 2,45 Millionen Menschen. Das Krankheitsbild ist dabei keinesfalls einheitlich. Bei einigen zeigen sich die oben beschriebenen Krankheitszeichen der Prurigoform. Andere haben entzündliche Ekzeme an Arm- und Beinbeugen, Händen und Füßen. Oft ist auch „nur“ der Kopf und Halsbereich betroffen (Kopf-Hals-Dermatitis) mit Ekzemen an der Stirn, den Augenlidern, in der Region um den Mund sowie am Hals.

Aufgeflammt oder erstmalig

Die meisten der erwachsenen Neurodermitispatientinnen und -patienten hatten schon in ihrer Kindheit damit zu tun. Sehr häufig klingt die Erkrankung in den Jahren zwischen Einschulung und Pubertät vollständig ab. Von Heilung kann jedoch keine Rede sein.

Neurodermitis ist eine chronische Erkrankung. Die Neigung zu empfindlicher Haut und entzündlichen Ekzemen bleibt auch in erscheinungsfreien Zeiten bestehen. So kann ein vermeintlich unscheinbarer Reizfaktor ausreichen und die Neurodermitis flammt plötzlich wieder auf. Es kommt allerdings auch vor, dass Neurodermitis erstmalig im Erwachsenenalter auftritt. Dann ist es für die Betroffenen noch schwerer, die Krankheitszeichen richtig einzuordnen.

Diagnose sichert gute Behandlung

Der sicherste Weg zur verlässlichen Diagnose und angemessenen Behandlung ist daher der Gang zum Hautarzt oder zur Hautärztin. Der Arzt oder die Ärztin kann meist schon an Aussehen und Lokalisation der Hautveränderungen erkennen, ob es sich um Neurodermitis handeln könnte. Der Krankheitsverlauf sowie ein möglicher Kontakt mit Provokationsfaktoren erhärten den Verdacht. Wichtig ist jedoch auch, mögliche Grunderkrankungen, Allergien und die Einnahme von Medikamenten abzuklären und Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen auszuschließen. Dazu werden bestimmte Diagnosekriterien für Neurodermitis überprüft (s. Kasten).

Eine abgeklungene Neurodermitis kann jederzeit wieder aufflammen. Provokationsfaktoren für einen Krankheitsschub sind:
  • Allergene (Nahrungsmittelallergene oder Inhalationsallergene wie Pollen, Tierhaare oder Hausstaub)
  • Klima- und Wetterfaktoren
  • mechanische Hautreizungen (z. B. kratzende Kleidung)
  • chemische Hautreizungen (z. B. Schadstoffe)
  • Hautreizungen durch falsche Hautpflege (z. B. zu intensiver Wasser- und Seifenkontakt)
  • Infektionen durch Bakterien, Viren, Pilze
  • Belastungen durch Umweltschadstoffe, Zigarettenrauch
  • psychische Belastungen, Stress, Aufregung

Nur die gesicherte Diagnose erlaubt eine fachgerechte Behandlung. Doch offensichtlich gehen viele Erwachsene recht nachlässig mit ihrer Gesundheit um und schenken krankhaften Veränderungen ihrer Haut zunächst wenig Beachtung. Anders lässt sich kaum erklären, warum viele erwachsene Neurodermitispatientinnen und -patienten erst sehr spät einen Hautarzt oder eine Hautärztin aufsuchen. Studien zur Versorgungsforschung zeigen, dass im Falle von Neurodermitis nur etwa die Hälfte der Betroffenen von einem Dermatologen betreut und versorgt wird. Damit verpassen sie möglicherweise die Chance auf eine Therapie, die dem aktuellen Stand der Wissenschaft folgt. Eine solche Therapie setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen. Grundlage sind Hautpflegemaßnahmen, um die empfindliche und trockene Haut mit Fett und Feuchtigkeit zu versorgen, und natürlich das Meiden möglicher Provokationsfaktoren. Abhängig vom Entzündungsgeschehen wird der Arzt oder die Ärztin zusätzlich entzündungshemmende und juckreizlindernde Cremes und Salben verordnen. Im Fall einer schweren Ausprägung der Neurodermitis werden Medikamente eingesetzt, die innerlich wirken. Die Wirkstoffe werden also in Tablettenform oder als Spritzen verabreicht.

Sollten Sie an einer schweren Form der Neurodermitis leiden, zahlt es sich besonders aus, wenn Sie in hautärztlicher Behandlung sind. Denn dort werden Sie von Experten und Expertinnen für Neurodermitis betreut, die sich u. a. auch über neueste Therapien auf dem Laufenden halten. Und hier tut sich derzeit gerade viel. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung von Medikamenten, die das Entzündungsgeschehen gezielt und mit weniger Nebenwirkungen unterbinden. Einige der neuen Wirkstoffe (Biologika, JAK-Inhibitoren) sind bereits zur Behandlung mittelschwerer und schwerer Formen der Neurodermitis zugelassen, andere stehen kurz davor.

Nicht nur die Haut leidet

Ziel ist es, die Hautentzündungen langfristig zum Abklingen zu bringen und damit auch alle weiteren Beeinträchtigungen. Diese zeigen sich im akuten Stadium sowohl körperlich, z. B. durch Schlaflosigkeit und nachlassende Leistungsfähigkeit aufgrund anhaltenden Juckreizes, als auch psychisch. Neurodermitis im Erwachsenenalter geht mit erhöhtem Risiko für Depressionen einher. Dies ist ein weiterer Grund, Neurodermitis nicht zu bagatellisieren, sondern eine fachgerechte Behandlung und Betreuung in Anspruch zu nehmen. „Wie die Seele auf die Haut wirkt und umgekehrt, darüber wissen wir noch nicht sehr viel. Aber nach dem, was wir in der Klinik beobachten, gibt es eindeutig einen Zusammenhang“, erklärt Professor Dr. med. Johannes Ring. Professor Ring, mittlerweile im Ruhestand, war bis 2014 Direktor der Haut- und Allergieklinik am Biederstein der Technischen Universität München und ist einer der namhaftesten Experten für entzündliche Hautkrankheiten, Neurodermitis und Immuntherapien. U. a. hat er im Bereich Neurodermitis erfolgreiche Patientenschulungen entwickelt. Seiner Beobachtung schließt sich die Empfehlung an: Achten Sie auf sich! Gehen Sie bei Ekzemen und Hinweisen auf Neurodermitis zum Hautarzt oder zur Hautärztin! Eine unbehandelte Neurodermitis schädigt nicht nur die Haut, sondern wirkt sich womöglich auf Ihre gesamte Gesundheit und Ihre Lebensqualität aus.

Hauptkriterien für Neurodermitis im Erwachsenenalter:
  • Juckreiz
  • alterstypische Lokalisation der Ekzeme (z. B. Beugenekzeme, Hals-Kopf-Dermatitis)
  • chronischer oder chronisch wiederkehrender Verlauf
  • eigene Krankheitsgeschichte mit einer atopischen Erkrankung oder atopische Erkrankungen in der Familie

Darüber hinaus gibt es einige Nebenkriterien. Dazu gehören u. a. Hauttrockenheit, eingerissene Mundwinkel und Ohrläppchen, doppelte Augenlid-Unterfalte, Reibeisenhaut.

Weitere Informationen zur Behandlung von Neurodermitis finden Sie auf unserer Internetseite unter: www.dha-neurodermitis-behandeln.de

Das vollständige Interview mit Professor Ring können Sie hier als PDF-Datei herunterladen: https://www.dha-neurodermitis-behandeln.de/images/pdf/experteninterview_professor_ring_neurodermitis.pdf

Wir verwenden Cookies, um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf unsere Website zu analysieren.