Verschleppte Diagnose verschlechtert Therapiemöglichkeiten bei Hautkrebs

Alle 2 Jahre: Hautkrebsscreening

Während der Coronapandemie haben weniger Menschen die Möglichkeiten der Hautkrebsfrüherkennungsuntersuchung genutzt. Die Folgen werden langsam sichtbar: größere Tumore bei der Erstdiagnose mit schlechteren Heilungschancen. Der Berufsverband Deutscher Dermatologen sieht diese Entwicklung mit Sorge.

Wohl jeder weiß es: Je früher eine Krebserkrankung erkannt wird, desto größer sind die Heilungschancen und desto verträglicher und wirksamer ist die Behandlung. Dr. Thomas Stavermann, Vizepräsident des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen (BVDD), erklärt dies für Hautkrebserkrankungen: „Eine verschleppte Diagnose birgt insbesondere beim schwarzen Hautkrebs, dem malignen Melanom, das hohe Risiko, dass der Tumor bereits gestreut hat, was die Prognose deutlich verschlechtert.“ Beim malignen Melanom ist unter anderem die Tumordicke, also seine Ausdehnung in die Tiefe, ein wichtiger Parameter für die Überlebenschance der Betroffenen. Bereits ab einer Dicke von 1,01 Millimetern erhöht sich das Risiko für die Entstehung von Metastasen.

Weniger gefährlich, dafür aber viel häufiger ist der sogenannte helle Hautkrebs, der insbesondere als Basalzellkarzinom und Plattenepithelkarzinom auftritt. Heller Hautkrebs metastasiert sehr selten, doch auch er sollte möglichst frühzeitig erkannt werden, um die häufig notwendigen Operationen ohne Komplikationen durchführen zu können. Dies gilt vor allem für Tumore im Gesicht sowie in anderen sichtbaren Körperarealen. Bereits heute macht sich bemerkbar, dass durch die Pandemie offensichtlich Vorsorgeuntersuchungen nicht wahrgenommen wurden. Dr. Thomas Stavermann, der in einem Berliner Hautarztzentrum arbeitet, das rund 6 500 Patientenkontakte pro Quartal hat, kann dies aus eigener Erfahrung bestätigen. „Gerade beim hellen Hautkrebs sehen wir – beispielsweise im Augenbereich – häufiger größere Tumore bei der Erstdiagnose als vor der Pandemie. Dies erfordert wiederum häufiger eine Überweisung in die Klinik, was wegen mangelnder Kapazitäten schwierig ist.“ Außerdem sind während der Pandemie Patientinnen und Patienten verzögert zu Befundbesprechungen und auch seltener zur Nachsorge erschienen. „Insbesondere die Älteren und Ängstlichen sind bei den Früherkennungsuntersuchungen zurückhaltender geworden“, erklärt der Facharzt.

Sinkende Zahlen beim Hautkrebsscreening

Diese Entwicklung lässt sich auch anhand von Abrechnungsdaten des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) erkennen. Demnach sank in der letzten Märzwoche 2020 mit Beginn der Pandemie die Fallzahl beim gesetzlichen Hautkrebsscreening drastisch um rund 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Auch in den anschließenden Quartalen blieb die Inanspruchnahme der Hautkrebsfrüherkennungsuntersuchung unter dem Vorjahresniveau. Dieser Trend setzte sich im ersten Halbjahr 2021 mit einem durchschnittlichen Minus von 14,3 Prozent im Vergleich zu 2019 fort. Das gesetzliche Hautkrebsscreening können alle gesetzlich Krankenversicherten ab 35 Jahren alle 2 Jahre nutzen.

Dass dieses Angebot zur Hautkrebsfrüherkennung relativ wenig in Anspruch genommen wird, liegt vermutlich jedoch nicht nur an der Pandemie. Auch organisatorisch ungünstige und unbequeme Rahmenbedingungen könnten eine Rolle spielen. Da es bundesweit nur rund 4 700 ambulant tätige Dermatologinnen und Dermatologen gibt, führen auch Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner das gesetzliche Hautkrebsscreening durch. Dies geschieht häufig im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsuntersuchung, auf die gesetzlich Krankenversicherte ab dem vollendeten 35. Lebensjahr ein Anrecht haben. Bis Ende 2018 stand der sogenannte Check-up 35 den Versicherten alle 2 Jahre zu, so dass das Hautkrebsscreening passenderweise gleichzeitig erfolgen konnte. Seit der Neufassung der Gesundheitsuntersuchungs- Richtlinie im Oktober 2018 können gesetzlich Versicherte jedoch nur noch alle 3 Jahre eine allgemeine Gesundheitsuntersuchung wahrnehmen. „Das reißt die beiden Untersuchungen zeitlich auseinander, wodurch das gesetzliche Hautkrebsscreening sicherlich auch seltener in Anspruch genommen wird“, erläutert Dr. Stavermann. „Insgesamt stellen wir fest, dass deutlich weniger Patientinnen und Patienten zur Abklärung einer Hautveränderung mit einer Überweisung vom Hausarzt zum Dermatologen kommen.“

Die Folgen mangelnder Früherkennung

Hautärztinnen und Hautärzte schauen mit Sorge auf die Folgen dieser Entwicklungen. Es ist zu befürchten, dass in den Jahren nach der Pandemie die Zahl der Hautkrebsdiagnosen nicht nur deutlich ansteigen wird, sondern dass die Tumore bei der Erstdiagnose auch bereits größer sind. „Als Berufsverband rufen wir daher seit Jahren dazu auf, das gesetzliche Hautkrebsscreening in Anspruch zu nehmen, aber auch eine regelmäßige Selbstinspektion der Haut durchzuführen und bei verdächtigen Veränderungen einen Hautarzt aufzusuchen“, unterstreicht Dr. Stavermann. Darüber hinaus setzen sich der BVDD und die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) gemeinsam für die Aufklärung rund um einen vernünftigen Umgang mit der UV-Strahlung ein. Denn die ist Hauptrisikofaktor für Hautkrebs.

Informations- und Aufklärungskampagnen des BVDD und der DDG zum Thema Hautkrebs
Krebsregister

Jährlich erkranken in Deutschland nach Daten der Krebsregister rund 272.000 Menschen neu an Hautkrebs, davon etwa 37.000 am malignen Melanom, 143.000 an einem Basalzellkarzinom und 92.000 an einem Plattenepithelkarzinom. Da Krebsregister nur Erstereignisse registrieren, beim Hautkrebs aber häufig Zweit- und weitere Folgetumoren vorkommen, ist jedoch von deutlich höheren Zahlen auszugehen. Zudem werden nicht alle Fälle in Deutschland gemeldet.

Weitere Informationen zur Häufigkeit von Hautkrebs, zum Krankheitsbild und zur Prävention sowie zur individuellen Krankheitslast und gesundheitsökonomischen Bedeutung finden sich im Hautkrebsreport 2019, der auf der Seite des BVDD heruntergeladen werden kann: www.bvdd.de, Suchwort: Hautkrebsreport

Studie zur Häufigkeit von Basalzellkrebs

Eine aktuelle Studie aus den Niederlanden zeigt: Die Zahl der Menschen, die an Basalzellkrebs erkrankt sind, hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt. Steigende Krankheitszahlen sind vor allem bei über 50-Jährigen zu erkennen. Die Wissenschaftler vermuten, dass sich bei Menschen dieser Altersgruppe die sonnenbedingten Hautschäden so aufsummiert haben, dass Schutzmaßnahmen, die jetzt getroffen werden, kaum Einfluss mehr haben. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Viele Patienten mit einem Basalzellkarzinom entwickeln in den folgenden Jahren weitere solche Tumore.

Schreuder K et al.: A nationwide study of the incidence and trends of first and multiple basal cell carcinoma in the Netherlands and prediction of future incidence. Br J Dermatol (first published: 02 Nov 2021). doi: 10.1111/BJD.20871

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