Schlechte Luft in Großstädten

Feinstaub- und Stickstoffbelastung: Asthmarisiko für Kinder

Menschen mit FFP2-Maske – das ist inzwischen ein vertrautes Bild. Doch die Maske schützt nicht nur vor Viren. Sie hält auch feinste Partikel zurück. Unabhängig von der aktuellen Coronalage scheint es daher angebracht, dass vor allem Kinder in Großstädten und in der Nähe verkehrsreicher Straßen mit Maske unterwegs sind.

Das Umweltbundesamt verkündet Anfang des Jahres zunächst erfreuliche Nachrichten: Die Emissionen von Stickstoffdioxid und Feinstaub sind in den letzten Jahren deutlich gesunken. Im Jahr 2021 gab es in Deutschland keine Überschreitungen der Feinstaubgrenzwerte. Der Dämpfer folgt sogleich: Die EU-weit gültigen Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid wurden vor mehr als 20 Jahren festgelegt. Sie entsprechen nicht mehr dem Stand der Wissenschaft. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat auf Grundlage von aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Studienergebnissen im September 2021 neue Leitlinien für gesunde Luft vorgelegt. Da die Daten belegen, dass Luftschadstoffe bereits in niedriger Konzentration gesundheitsgefährdend sind, müssen sie noch stärker reduziert werden. Folglich empfiehlt die WHO deutlich niedrigere Grenzwerte unter anderem für Feinstaub und Stickstoffdioxid (s. Tabelle). Diese neuen Grenzwerte der WHO werden derzeit in Deutschland allerdings fast alle überschritten. Die Europäische Umweltagentur (EUA) liefert dazu eindrückliche Zahlen: Den jüngsten Schätzungen der EUA zufolge starben im Jahr 2019 etwa 307 000 Menschen vorzeitig aufgrund übermäßiger Belastungen durch Feinstaub. Mindestens 58 Prozent bzw. 178 000 dieser Todesfälle hätten vermieden werden können, wenn in den EU-Mitgliedstaaten die empfohlenen neuen Grenzwerte der WHO eingehalten worden wären. Die EUKommission wird daher in diesem Jahr eine Änderung der EU-Luftqualitätsrichtlinie vorschlagen. Die Grenzwerte sollen sich dabei den Richtwerten der WHO annähern. Deutschland wird nach Aussagen von Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, diese Novellierung der Luftqualitätsrichtlinie unterstützen.

„Saubere Luft atmen zu können, sollte ein grundlegendes Menschenrecht sein. Sie ist eine notwendige Voraussetzung für gesunde und produktive Gesellschaften. Trotz der in den letzten Jahren erreichten Verbesserung der Luftqualität in unserer Region bleibt noch viel zu tun, um die in den neuen globalen Luftqualitätsleitlinien der WHO festgelegten Werte zu erreichen.“

Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa

Stadtbewohner und Kinder sind besonders gefährdet

Dass insbesondere in den verkehrsreichen Ballungsgebieten dringender Handlungsbedarf hinsichtlich der Reduzierung von Luftschadstoffen besteht, zeigen Ergebnisse internationaler Studien, die Anfang des Jahres veröffentlicht wurden. Ausgangspunkt der Untersuchungen waren hier noch die von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlenen höheren Grenzwerte von 2005. Die Wissenschaftler kommen nach Auswertung von zahlreichen Daten zu dem Ergebnis, dass in vielen Städten weltweit die Feinstaubbelastung deutlich über diesen Grenzwerten liegt. Das bedeutet, Bewohner dieser Städte, etwa 2,5 Milliarden Menschen, tragen ein Risiko für langanhaltende oder dauerhafte Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit. Konkret: Ihr Risiko für Asthma, Allergien, Krebserkrankungen, Herz- und Atemwegserkrankungen ist erhöht, inklusive möglicher schwerer oder sogar tödlicher Verläufe. Ein zweites Ergebnis betrifft die Gefährdung durch Stickstoffdioxidbelastungen. Die Studienautoren folgern aus den erhobenen Daten, dass im Jahr 2019 weltweit etwa 1,85 Millionen neue Asthmaerkrankungen bei Kindern auf hohe Stickstoffdioxidkonzentrationen zurückzuführen sind. Das entspricht etwa 8,5 Prozent aller Asthmaerkrankungen bei Kindern. Kinder, die in Städten leben, sind besonders häufig betroffen. Etwa zwei Drittel der Asthmaerkrankungen, die Stickstoffdioxidbelastungen zuzurechnen sind, traten in städtischen Gebieten auf.

Feinstaub

Je feiner die Staubpartikel, desto gefährlicher sind sie, da sie beim Einatmen in die tieferen Atemwege gelangen. Als gesundheitsgefährdend gelten Partikel mit aerodynamischem Durchmesser kleiner als 10 Mikrometer (μm). Man spricht auch von PM10-Feinstaub. Partikel kleiner als 2,5 μm werden als ultrafein bezeichnet (PM2,5).

Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid (NO2)
(Angabe in Mikrogramm pro Kubikmeter Luft [μg/m3])

WHO 2005
WHO 2021
Aktueller EU-Grenzwert
NO2: 40 μg/m3
NO2: 10 μg/m3
NO2: 40 μg/m3
PM2,5: 10 μg/m3
PM2,5: 5 μg/m3
PM2,5: 25 μg/m3
PM10: 20 μg/m3
PM10: 15 μg/m3 
PM10: 40 μg/m3

Quellen:

Luftqualitätsindex (AQI)

Wie steht es um die Feinstaubbelastung in meiner Region? In vielen Städten weltweit wird der aktuelle Luftqualitätsindex (AQI) bestimmt. Dazu werden Emissionen von Feinstaubpartikeln (PM2,5 und PM10), Ozon, Stickstoffdioxid, Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid gemessen. Der Luftqualitätsindex wird in Zahlen auf einer Skala von 0 (gut) bis 500 (schlecht) angegeben. Die Kategorisierung basiert auf einer Definition der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA (Environmental Protection Agency).

Dieser Index kann auf einer interaktiven Karte im Internet in Echtzeit abgerufen werden. Dabei beziehen sich die Angaben auf stündliche Messwerte. Luftqualitätsindex: https://waqi.info/de/

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